Meine Bilder mit dem Thema Berühren können wir als eine Fortsetzung meiner Gedanken der letzten Ausstellungsthemen verstehen. Zuerst sahen wir „Masken und Gesichter“, dann „bewegte Gesichter“, die sich in der „Begegnung“ trafen und nun zu „berühren“ verlangen. Das zwischenmenschliche Geheimnis steht wieder im Vordergrund und wird noch einen Schritt weiter und tiefer aufgearbeitet. Ich beschäftige mich mit dem körperlichen Berühren und Berührt werden, als auch mit dem seelischen Berührt sein. Beides hängt eng miteinander zusammen, es bedingt sich gegenseitig. Berühren kann als etwas wunderbar Angenehmes und Wohltuendes empfunden werden, genauso aber auch das Gegenteil hervorrufen. Oft erleben wir widersprüchliche Empfindungen zur gleichen Zeit und mit der gleichen Person. Ich frage mich: was wäre ein Leben ohne Berührt werden? Meine Antwort lautet. Es wäre kein Leben! Nur wer Berührungen empfinden kann, lebt wirklich!
Diese Berührung fängt als Embryo an und endet als Sterbender. Auch ich werde von den verschiedensten Menschen und Ereignissen berührt. Mal von der Schönheit, Anmut und Würde eines Menschen, mal von quälendem Leiden, Krankheit und Tod. Und immer wieder auch von sozialer Ungerechtigkeit.
Um diese erklärten Berührungen nun im Bild auszudrücken, habe ich mir unterschiedlichen Zugang gesucht. Ein wichtiger davon führt ins Theater. Daß ich schon seit meiner Jugend vom Theater und insbesondere vom Ballett und Gesang fasziniert und begeistert bin, zeige ich nun zum ersten Mal auch in meinen Bildern. Gerade im Ballett können Tänzer und Tänzerinnen durch offen dargestelltes, äußerliches Berühren alle nur erdenklichen inneren Berührungen auf sehr treffliche, äußerst ästhetische und sensible Weise zum Ausdruck bringen. Es ist die Kunst der offen gezeigten oder auch versteckten Berührungen, die uns Zuschauer verstehend machen. Aber auch in der Oper durch Sologesang und Chor wird das Thema des Berührt sein und der Empfindungen auf unterschiedlichste Weise besungen und dargestellt, so daß wir Zuschauer oft Mühe haben unsere eigenen dabei empfundenen Berührungen zu beherrschen und zu verstehen. Wir sind nicht nur von den einzelnen Noten berührt, die ein harmonische Ganzes bilden, oder den einzelnen Bewegungen, die zum Großen verschmelzen, sondern vor allem von unseren eigenen ausgelösten Gefühlen.
Jeder von uns ist dabei aktiv aufgefordert, dieses Berührt sein in die eigene Welt zu übertragen. Das ist nicht nur eine Frage der Gefühle, sondern auch eine des moralischen und ethischen Standpunktes. Es ist ein sehr wichtiges Auseinandersetzen mit den eigenen Wertvorstellungen, ganz im Gegensatz zum passiven Konsumieren.
> Teil 2